Ausstellungseröffnung Martin Schwarz „Kunstzoo“

05.05.2014 Schloss Schrozberg - Eröffnungsrede von Ernst Hövelborn

Urs Maltry - Noppennasobem - KUNSTZOO im Schloss SchrozbergUrs Maltry - Noppennasobem

Herr Bürgermeister Izsak, meine Damen und Herren, liebe Therese, lieber Martin,

die Besucher des Kunstzoos, den Martin Schwarz hier im Schloss Schrozberg installiert hat, müssen keinen Eintritt bezahlen, ebenso scheint die Tierhaltung relativ einfach zu sein, da auf Fütterung verzichtet werden kann, zumal die Tiere keine Geräusche und sonstiges mehr, was zum Zoo dazu gehört, von sich geben. Es geht alles geräuschlos und wenig arbeitsintensiv im zwei- und dreidimensionalen Bereich vor sich. Die Tiere selbst sind nun zoologisch, entsprechend dem logos vom zoon, nicht immer als solche, wie z.B. als ein Löwe oder Pferd einzuordnen.

Martin Schwarz ist entsprechend dem Wort von Nietzsches Zarathustra der große Künstler der Verwandlung: „Nur wer sich wandelt, ist mit mir verwandt“ und spielt in seinen Objekten und Bildern, aber auch die anderen Künstlerinnen und Künstlern in diesem Zoo dieses Moment der Verwandlung oder des Übergangs in einen anderen Zustand durch. Inwieweit wir als Besucher damit hinein genommen oder gar wie auf einem Bild zu einem idealen tierischen Paar, im Partnerlook gekleidet und mit spiegelbildlicher Handhaltung werden, das bleibt offen oder dahingestellt, aber immerhin können wir uns vor dieses Bild stellen und es eingehend betrachten. In diesem Fall, rein bildhaft, einigen sich Vogelkopf und Katzenkopf, wobei das Resultat der Paarung malerisch-bildnerisch offen bleibt oder noch der Vollendung harrt.

Martin Schwarz - Ein ideales tierisches Paar - KUNSTZOO im Schloss SchrozbergMartin Schwarz - Ein ideales tierisches Paar

In seiner jüngsten Buch-Bild-Textpublikation mit dem Titel „Zelli und Jakob Ein philosophisches Appenzeller-Allotria“ finden sich weitere Exponate aus dem Kunstzoo in der Form von Kunstzoobesuchern, wie z.B. in der Paarung eines mächtigen Schnabelkopfes mit einer Löwenhäuptigen oder ein vornehm im Streifenanzug gekleideter schmaledler Dackelkopf mit sportlicher Schirmmütze in der Liaison mit einer modisch behüteten Dackeline, beide im Partnerlook grau dezent gekleidet und einander zugeneigt und weit entfernt natürlich vom schwäbischen „Grasdackel“, wobei sich auch hier die Frage erhebt, was hat dieser Fleischfresser mit Gras zu tun? Wie gerade hier zu Lande der „Grasdackel“ durch den „Saudackel“ und „Halbdackel“ ergänzt und damit dem tierisch anmutenden Sprachschatz noch weitere Varianten hinzufügt werden. Ob in der Schweiz, der Heimat von Martin Schwarz, diese Tierarten die Umgangssprache in derselben Formulierung bereichern, ist mir nicht bekannt, aber eventuell könnte man sie im Kunstzoo hier als schwäbische Ergänzungen noch unterbringen. 

Im Portrait der Kunstzoobesucher bildet eine Eule mit einer Katze ein Paar, das sicher den Vorteil hat, nächtens auf kostspielige Beleuchtung verzichten zu können. Bei diesen Porträts und anderen Tierobjekten ist jedoch die Ambivalenz nicht zu übersehen, wobei der Humor vielfach in einen „schwarzen“ übergeht, wenn aus der Haut des Tiers eine schöne Tasche oder das Gehörn eines Widders zu einer „Geweihten Topfpflanze“ wird. Martin Schwarz stößt mit seinem Kunstzoo eine Thematik an, welche die Menschen, deren Wurzeln im Tier liegen und die Aristoteles als zoon politikon bezeichnet hat, von Anbeginn begleitet, zumal ihm das tote Tier bis heute die unersetzbare Nahrungs- und Lebensquelle ist.

Martin Schwarz - Geweihte Topfpflanze - KUNSTZOO im Schloss SchrozbergMartin Schwarz - Geweihte Topfpflanze

Die Beziehung zwischen Mensch und Tier ist aufgrund gemeinsamer Wurzeln uralt und außerordentlich komplex. Die Situation des Menschen in der Welt bedurfte immer der Klärung und einer Positionierung gegenüber seinen Mitlebewesen, die auf der einen Seite als Nahrungskonkurrenten eine Bedrohung waren und andererseits wiederum als Nahrungsquelle dienten. Die Abgrenzung vom Tier fand auf unterschiedliche Weise statt. Während das Haustier größte Nähe und Vertrautheit darstellt, bleibt das Wildtier das fremde, gefährliche und nicht einzuordnende Wesen.

Vreni Camenzind Mini, oder Tiere sind auch nur Menschen - KUNSTZOO im Schloss SchrozbergVreni Camenzind Mini, oder Tiere sind auch nur Menschen

Für Ernst Jünger ergibt sich aus der relativ komfortablen Situation des Haustiers als Folge die des Schlachttiers. Martin Schwarz reflektiert vielfach in seinen Hornobjekten diese Situation, in der das Tier zum Ding und reinem Gegenstand wird. Im Zoo werden die Wildtiere hinter Gitter und Absperrzäune gebracht, während das Haustier mit seiner Entfernung vom Animalischen im Stall mit Familienanschluss seine Bleibe fand und als Schlachttier zumeist endet. Im germanischen Großhaus lebten Mensch und Tier in einem Raum und unter einem Dach zusammen Eine solche Symbiose, räumlich getrennt, aber doch im Haus vereint, findet sich hier noch in der Region in dem ehemals weit verbreiteten Wohnstallhaus.

Bernd Jäger Das innere Glück, oder: Kein Schweine-Elendchen Ein Schweine-Lendchen - Ausstellung Kunstzoo im Schloss SchrozbergBernd Jäger Das innere Glück, oder: Kein Schweine-Elendchen Ein Schweine-Lendchen

Die archaischen Maler der Höhle von Lascaux, schon dem Homo sapiens zugehörig, schienen vor 30 000 Jahren in der Lage nicht nur die Tiere realistisch darzustellen und dauerhaft mit Fett, Ruß und farbigen Erden auf die Wände zu bringen, sondern auch den Unterschied zwischen Mensch und Tier zu erkennen, während z. B. die Vorgänger, wie die Neandertaler, sich wohl mehr als ein Zwischenglied fühlten. Mit entscheidend für diese Trennung ist das in diesen Bildern zum Ausdruck gebrachte Bewusstsein vom Tod, der sich dann auch in Begräbnisriten niederschlug. Damit zeigt sich im Bewusstsein vom Tode ein elementarer Unterschied zwischen Mensch und Tier.

Hans Gantert - Ein Igel von unten - Tiefdruck - Ausstellung Kunstzoo im Schloss SchrozbergHans Gantert - Ein Igel von unten - Tiefdruck

Der Philosoph Martin Heidegger definierte diesen Unterschied, dahingehend, dass das Tier verendet, während der Mensch den Tod vermag, da sein Dasein sich im Gebirg des Todes, wie er sagt, vollzieht und das Leben sich als ein Vorlaufen zum Tode ereignet. Auf den anderen Unterschied hat der französische Denker Georges Bataille hingewiesen, der im Phänomen der Erotik liegt, die beim Menschen mit einer gewissen Scheu verbunden ist und auch Verwirrung hervorrufen kann, die man im Tierreich so nicht findet. Das Tier weiß vom Tode und der Erotik nichts, bzw. kann sich darüber nicht mitteilen.
Beides Tod und Erotik werden als ein fremdes Geschehen vom Menschen erfahren, das über die Welt der Tiere hinausreicht und von einer Gewalt spricht, die den gewohnten Lauf der Dinge unterbrechen kann. Dies ist auch ein Signum der Kunst.

Martin Schwarz durchbricht in seinen Verwandlung, wie der Hechtkopf, der in den Gummistiefeln seines Anglers endet oder aus ihnen triumphierend herauswächst, diesen Lauf der Dinge, zumal dem Ganzen noch ein aufgeklapptes Buch, das zu dem Menschen als Geistwesen gehört, als Unterlage dient. Der Tod ruft beim Menschen Tränen hervor, das Lachen ebenfalls, die Tiere können weder ausgesprochen lachen noch weinen.

Martin Schwarz - Stille Meeresgeschichte - Buchobjekt - Ausstellung Kunstzoo im Schloss SchrozbergMartin Schwarz - Stille Meeresgeschichte - Buchobjekt

Die Maler von Lascaux haben ihre Bilder von der Jagd und dem Töten der Tiere in Höhlen verborgen und sie waren nur punktuell wahrnehmbar im Schein der Fackeln. Ein weiteres bestimmendes Element im Verhältnis von Mensch und Tier ist die bei vielen Jagdvölkern anzutreffende Verpflichtung der Sühne für das auf der Jagd getötete Tier. Sie bestand oftmals darin, dass man ein Teil davon opferte, um auf diese Weise das Tier wieder zu versöhnen.

Daraus entwickelte sich ein weiterer Aspekt, nämlich ein religiöser, der als solcher die Kunst über Jahrtausende prägte und bis in unsere Zeit hereinreicht. Eine große Zahl von Tiergottheiten belegt eine Verbindung zwischen Mensch und Tier, desgleichen die Existenz von Mischwesen, wie der Hirtengott Pan oder die Zentauren. Sie resultiert aus der Frühzeit, als der Mensch die Macht der Tiere noch respektierte und glaubte, sie daher verehren zu müssen. Besonders sinnfällig ist das „Lamm Gottes“, das Christus darstellt. Es trägt alle Sünden und ermöglicht als Sinnbild des gekreuzigten Christus, der ohne Schuld war, die Erlösung davon.

Damit beginnt im Verhältnis Mensch und Tier die Thematik von Sünde und Schuld, die auch dem Sündenbock aufgeladen wurde. So wurde an Jom Kippur, dem Tag der Sündenvergebung im Judentum, von dem Hohepriester die Sünden des Volks Israel bekannt gemacht und symbolisch durch Auflegen der Hand auf einen Ziegenbock übertragen. Danach verjagte man ihn in die Wüste und mit im Gepäck hatte er auch die Sünden des Volkes Israel.
Der Sündenbock steht für die Reinigung der Gesellschaft, indem man die bestehenden Konflikte auf das Tier überträgt und somit wieder der Zustand der Befriedung und die Erlösung von der Schuld eintreten können. Seit der Aufklärung im 18. Jh. wird das Tier verstärkt mit dem Zurückfall des Menschen in Unmoral, Verwahrlosung und Wahnsinn gebracht. Das Plakat mit dem Titel „im Diesseits der Lebewesen“, das auch in der Ausstellung zu sehen ist, wird auf bildnerisch vielfältige Weise dieses komplexe Geschehen zwischen Mensch und Tier angesprochen.

Die Objektmontage von Martin Schwarz mit dem Titel „Doppelte Weisheit“, zwei Kopf auf Kopf gesetzte Eulen auf einen Buch stehend reflektieren die Frage: Warum muss sich der Mensch so zwanghaft vom Tier abgrenzen und sich doch wie Kant es tut, als „animal rationale“ bezeichnen? Oder wie Hegel die Philosophie mit der Eule der Minerva vergleicht, die erst bei hereinbrechender Dämmerung ihren Flug beginnt, um dann die Welt Grau in Grau zu zeichnen.

Martin Schwarz - Doppelte Weisheit - Objektmontage - KUNSTZOO im Schloss SchrozbergMartin Schwarz - Doppelte Weisheit - Objektmontage

Die Arbeit machte den Menschen zum Menschen, während das Tier, wohl als Zugtier und Kraftmaschine diente, aber im Prinzip davon befreit ist. Als homo faber entfernte er sich mit der Herstellung von Werkzeugen und Maschinen immer mehr von seiner ursprünglichen Animalität, wobei die Anima die menschliche Seele ihn mit dem Tier als dem Animalischen verbindet. So schämte sich der archaische Mensch noch davor arbeiten zu müssen. Es war das Privileg der Vornehmen und Edlen, wie auch der Götter von der Arbeit befreit zu sein. Man opferte den Göttern, wobei damit einherging die Erzeugung der heiligen Dinge, wie auch der Opfertiere, die aus dem dienstbaren Gebrauch als Verausgabung herausgenommen wurden.

In diesen Zusammenhang gehören die Heiligen Tiere, die ursprünglich wohl deswegen verehrt wurden, weil sie dem Menschen in allen Belangen, wie Kraft, Mut und Klugheit überlegen waren und er sie deshalb anbetete. Als Verkörperung einer Gottheit bekamen sie den Status der Heiligkeit. Im alten Ägypten wurden viele Gottheiten mit Tieren in Verbindung gebracht, so trug der Gott Anubis z.B. den Kopf eines Schakals. Teilweise wurden Tiere, wie des Apis-Stier verehrt und wohnten mit einem Harem von Kühen im Tempel.

Hansjörg Flückiger - Zuchterfolg - Ausstellung Kunstzoo im Schloss SchrozbergHansjörg Flückiger - Zuchterfolg

Es geht, wie auch bei den Stierkulten, darum, sich des Tiers zu vergewissern und die eigene Position als Mensch zu definieren, die im Grunde nur über das Mitlebewesen Tier, als den nicht oder nur schwer beherrschbaren Teil der Natur vorgenommen werden konnte. Die Beherrschung des Tiers fand in religiösen Kulten statt, im Tieropfer und dann in der Züchtung und der immer stärker werden Bindungen an den Menschen. Gernot Böhme sagt dazu in seiner „Anthropologie“: „Humanisierung konnte deswegen nur als Beherrschung und Kontrolle der Tierheit im Menschen verstanden werden“.

In unserer heutigen digitalen, elektronisch verwalteten und gesteuerten Landwirtschaft wird die Milchkuh in ein System integriert, das von der Fütterung, Reinigung bis zum Abmelken der Milch automatisch vor sich geht. Das Tier wird dadurch zu einem Ding unter Dingen, objektiviert in einem Prozess der Kosten-Nutzen Rechnung, die bis zur Selektion durch Züchtung oder gentechnischen Eingriffe und Veränderungen geht. Leben und Tod, Wachsen und Gedeihen, Nähren und Ernähren werden in einen apparatehaften, selektiv organisierten und digital gesteuerten Systemzusammenhang gebracht.

François Viscontini - Zeichnung in Mischtechnik - KUNSTZOO im Schloss SchrozbergFrançois Viscontini - Zeichnung in Mischtechnik

Ein Bild von Francois Visconti zeigt in Mischtechnik eine Person, deren Kopf ein Euter darstellt mit einer rote-weißen Kappe (Schweizerkreuz?) wie er die Zeitschrift „Der Melker“ liest. Die „Euterschale“ von Christiane Ghilardi nimmt vergleichsweise diese Thematik ebenfalls auf.

Christiane Ghilardi - Euterschale - KUNSTZOO im Schloss SchrozbergChristiane Ghilardi - Euterschale

Georges Bataille der Denker des Überflusses, der Verausgabung und der Verschwendung sagt zu der Geschichte des Verhältnisses von Tier und Mensch folgendes: „Das Heimweh nach einer Zeit, in der die dunkle Intimität des Tieres sich wenig vom unendlichen Ablauf der Welt unterscheidet, weist auf eine effektiv verloren gegangene Kraft hin. Wenn der Mensch die Welt verloren hat, als er die Animalität aufgab, so ist er dieses Bewusstsein von ihrem Verlust geworden, das sind wir, und das ist in einer Hinsicht mehr als der Besitz, der dem Tier nicht bewusst ist: es ist der Mensch.“

Josef Beuys hat in New York versucht, sich mit dieser dunklen Intimität des Tiers einzulassen, indem er sich mit einem Kojoten zusammen aus folgender Begründung in einem Raum einsperren ließ: „Warum ich mit Tieren arbeite, um unsichtbare Kräfte auszudrücken? Sie können diese Energien sehr deutlich machen, wenn sie ein anderes, längst vergessenes Reich betreten, in dem unermessliche Kräfte als große Persönlichkeiten überleben. (…) Das Chakra des Kojoten ist so mächtig, dass es kein Mensch versteht oder was es für die Zukunft der Menschheit bedeutet. Ich glaube, ich hatte Kontakt mit dem psychologisch wunden Punkt der USA: Die Verteilung der Energien: Das amerikanische Trauma mit den Indianern, dem `Roten Mann.` Man könnte sagen, dass noch eine Rechnung mit dem Kojoten zu begleichen ist, erst dann ist dieses Trauma vorbei“.
Der Kojote wurde oder wird von den Indianern als heiliges Tier verehrt, das im Schöpfungsmythos der Welt eine wesentliche und aktive Rolle spielt. Beuys nahm dieses Tier als Repräsentant elementarer Kräfte und spiritueller Energien in seine Aktion als Stellvertreter für die untergegangene Kultur der Indianer im Verlauf der Zivilisierung des Kontinents mitherein. Seine Absicht bestand darin, den Dialog wiederherzustellen, in diesem Fall nicht mit dem Publikum oder über das Publikum, sondern in symbolträchtiger Form mit einer vom Aussterben bedrohten Tierart.

Martin Schwarz hat hier im Schloss eine interessante und außerordentlich umfangreiche Ausstellung zusammengetragen, die das Tier zum Thema hat. Der Titel „Kunstzoo“ stellt Assoziationen zum Tierpark her, wie wir ihn kennen und wie er sich zu einer immer artgerechteren Haltung entwickelt will, wobei der Künstler über die Freiheit der Einbildungskraft verfügt und damit den Zoo in einen „Kunstzoo“ verwandeln kann. Dafür steht ganz besonders Martin Schwarz mit seinem Werk, der in seinen Objekten, besonders auf der Grundlage der Bücher, die zum Geistwesen Mensch gehören, alles Mögliche in sie, vielfach auch Tiere oder Teile davon, wie z.B. Gehörne oder Schädel, integriert, oder wie auf der Einladungskarte das weiße Wiesel, das aus dem Buch eine Höhle gemacht hat und aus derselben nun in die Welt schaut.
Diese Buchhöhle hat ihm Martin Schwarz verstattet, ihm also eine Stätte geschaffen, was wiederum jeder Darstellung in diesem „Kunstzoo“ eigen ist. Alle Künstler geben dem Tier in ihren Bildwelten Raum, wie auch schon die steinzeitlichen Maler in den Höhlen von Lascaux, um auf diese Weise die Tiere besser verstehen zu können. Da nun in unserer Zeit die Herrschaft des Menschen über das Tier vollendet und damit vom anthropologischen Druck entlastet ist, wie Böhme dies beschreibt, besteht die Möglichkeit ein Verständnis dafür zu entwickeln, was die Tiere selbst sind. So ist in absehbarer Zeit eine Kommunikation mit den Tieren nicht auszuschließen und vor allen Dingen entwickelt sich kontinuierlich eine neue Achtung für das Tier. Man kann dabei nur hoffen, dass diese Entwicklung nicht zu spät kommt, da schon viele Tierarten vom Aussterben bedroht sind. Es geht vor allen Dingen darum, dass der Mensch sein Verhältnis zur Natur grundsätzlich ändert, indem er sie als das Andere, das aber auch in ihm selbst, als das Unbewusste steckt, respektiert.

Martin Schwarz - Botschafter einer Tiergeschichte - Buchobjekt - Ausstellung Kunstzoo im Schloss SchrozbergMartin Schwarz - Botschafter einer Tiergeschichte - Buchobjekt

Die Kunst und damit wären wir wieder bei der Ausstellung wird vielfach auch als das „Ganz-andere“ definiert, weil sie das zeigt, was nicht so ist, das es aber dennoch gibt, wie hier in den ausgestellten Arbeiten, die jeweils in ihrer Art eine Verbindung zum Tier herstellen, um auf diese Weise, das zu begreifen, was Aufgabe des Menschen ist und wie Böhme schreibt: „Die Natur als das Andre seiner selbst zu respektieren und sein zu lassen“, d.h. und dies ist das Entscheidende, nicht darüber verfügen zu wollen, sondern ihr, der Natur, den Tieren, wie auch der Kunst ihr „Sein“ zu lassen.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass dann alles in paradiesischer Harmonie miteinander lebt, wie das auf barocken Paradiesbildern dargestellt wird, sondern, dass immer wieder das aufbricht, was auch in manchen Objekten, die im Zusammenhang mit Tieren stehen von Martin Schwarz zu finden ist und das Martin Heidegger auf den Menschen als ein Wesen bezieht, welches „im Ungeheuren das Geheure erscheinen lässt“ und dieses als das „scheinbar Nichtige“ oder auch Absurde, wie dies Helge Schneider in seinem dadaistischen Song vom Katzenklo, macht die Katze froh zum Vorschein bringt.
Das Katzenklo als absurder Komfort des tierischen Lebens findet sich auch in dem Ergebnis einer dreijährigen Forschung, die vom Bundeslandwirtschaftsministerium gefördert und wie es in der Wochenzeitschrift DIE ZEIT steht: „Schweine lieben es eher weich. Daher empfehlen die ministerialen Gemütlichkeitsexperten für den Premiumstall nun offiziell die Gummimatte PigComfort. (…) Alle Testschweine votierten dagegen immer nur für den Veggiie-Day“, was man wiederum durchaus verstehen kann.

Es gäbe sicher noch viel zu dem Verhältnis von Tier und Mensch und vor allen Dingen zu dem Künstler Martin Schwarz zu sagen, der mit seinem Atelier in Bartenstein die Kunstlandschaft im Hohenloheschen bereichert. So möchte ich mit den Worten von Karl Valentin schließen: „Kunst ist schön macht aber viel Arbeit“, was wiederum auch in vielen Fällen auf die artgerechte Tierhaltung zutrifft.

Ernst Hövelborn

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Martin Schwarz
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